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LG Mannheim verurteilt Comerzbank wegen Lehman Zertifikaten  zu Schadensersatz

Das Landgericht Mannheim hat die Commerzbank AG mit Urteil vom 01.12.2010 wegen Falsch­beratung einer Kundin bei der Empfehlung von Lehman Zertifikaten zur Zahlung von € 16.000,00 und Rücknahme der wertlosen Zertifikate verurteilt.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine langjährige Kundin der Rechtsvorgängerin der Commerzbank AG, der Dresdner Bank Mannheim. Sie stand im Zeitpunkt der Beratung kurz vor der Verrentung von ihrer Tätigkeit als Bibliothekarin. Die Mitarbeiterin der Bank hatte der Klägerin im Februar und März 2007 empfohlen, eine angeblich nicht mehr rentable Anlage zu verkaufen und stattdessen für etwa € 20.000,00 Zertifikate zu erwerben, die von der heute insolventen Lehman Brothers Bank ausgegeben worden waren.

Die in Mannheim wohnhafte Klägerin machte geltend, dass ihr die Funktionsweise der komplizierten Zertifikate nicht verständlich erklärt worden war. Weiterhin sei sie nicht über das sogenannte Emittentenrisiko aufgeklärt worden. Bei dem Emittentenrisiko handelt es sich um das Risiko, dass die Rückzahlung des in die Zertifikate investierten Geldbetrags gefährdet ist, wenn die emittierende Lehman Brothers Bank insolvent wird. Die Anlageempfehlung sei daher nicht mit ihrer Risikoneigung und ihrem geäußerten Sicherheitsbedürfnis zu vereinbaren gewesen.

Die Bank verteidigte ihre Anlageempfehlung vor Gericht damit, dass die Klägerin langjährige Erfahrung mit Wertpapiergeschäften habe und laut Dokumentation als begrenzt risikobereite Kundin geführt wurde. Über das Risiko der Insolvenz der Lehman Brothers Bank habe die Bank die Klägerin nicht hinweisen müssen. Die Anlageempfehlung sei daher geeignet gewesen.

Das LG Mannheim begründet die Verurteilung der Commerzbank AG zu Schadensersatz damit, dass die Beklagte ein veraltetes Anlageprofil der Klägerin verwendete. Das bei der Beklagten hinterlegte Anlegerprofil der Klägerin war im Zeitpunkt der Empfehlung der Lehman Zertifikate schon vier Jahre alt. Vor dem Hintergrund der konkreten Lebenssituation der Klägerin hätte die Beklagte die Verpflichtung gehabt, das Anlegerprofil der Klägerin zu hinterfragen. Als weitere Pflichtverletzung wertet das Landgericht, dass die Bank die Klägerin nicht auf das Emittentenrisiko hingewiesen hat, wozu sie laut Landgericht verpflichtet gewesen wäre. Schriftliches Informationsmaterial über die Zertifikate habe die Bank zu spät übergeben, so dass dieses nicht Gegenstand geschuldeter Information und Beratung sein konnte. Da nach der Beweisaufnahme feststehe, dass die Mitarbeiterin der Bank das Risiko eines Totalverlusts sogar bewusst verschwiegen habe, sei auch die kurze Verjährungsfrist des Wertpapierhandelsgesetzes nicht anwendbar.

Die Commerzbank hat nun €16.000,00 an die geschädigte Mannheimerin zurückzuzahlen und darüber hinaus die wertlosen Zertifikate zurückzunehmen.

Das Urteil ist laut RA Kai Roland Spirgath, der die Klägerin vor dem LG Mannheim vertreten hat, unter mehren Gesichtspunkten verallgemeinerungsfähig und eröffnet anderen geschädigten Anlegern die Aussicht auf Schadensersatz:

So habe das LG Mannheim festgestellt, dass eine Bank auch dann verpflichtet ist, bei einer Anlageempfehlung ein zutreffendes und aktuelles Anlegerprofil ihrer Kunden zu ermitteln, wenn der Kunde nicht von sich aus geäußert habe, dass er eine Änderung der hinterlegten Anlagestrategie wünsche. „Banken können sich bei dieser Rechtsprechung nicht mehr ohne weiteres damit rechtfertigen, dass die Anlageempfehlung zu dem bisherigen Anlageverhalten des Kunden passe", so RA Spirgath.

Wegweisend ist darüber hinaus die Feststellung des Landgerichts, die Bank habe ihre Kunden unaufgefordert auf das Emittentenrisiko hinzuweisen. RA Spirgath: „Diese Frage ist bundesweit hoch umstritten und jedes Urteil, dass die Sichtweise der Anleger in dieser Hinsicht stützt, dient einem effektiven Anlegerschutz".

Schließlich ist die kurze dreijährige Verjährung des Wertpapierhandelsgesetzes in der Vergangenheit häufig ein Hindernis für die Rechtsverfolgung gewesen. „Das LG Mannheim zeigt den geschädigten Anlegern mit dem aktuellen Urteil Wege auf, Schadensersatzansprüche auch bei späterer Kenntnis noch geltend zu machen", so RA Spirgath.

Heidelberg, 14.12.2010 - RA Kai Roland Spirgath - Urteil LG Mannheim vom 01.12.2010, Az 11 O 35/10