Haustürgeschäft: Couchtisch als Ladentheke
Die "Haustür" wird zum Synonym für fragwürdige Geschäftssituationen- Bestandsaufnahme eines neuen Rechtsbegriffs

Von Werner Bornemann von Loeben, RA, Heidelberg

Viele Produkte werden heute nicht im Geschäft verkauft. Jeder kennt Zeitungswerber, Tupper-Parties oder Staubsaugerverkäufer.

Auch Kapitalanlagen werden vielfach "an der Haustüre" verkauft. Das Besondere an diesen Geschäften ist, dass der Kunde nicht in einem Laden oder, bei Kapitalanlagen, in einer Bank beraten wird. Die Vertragsverhandlungen erfolgen zu Hause, bequem am Wohnzimmertisch oder in einer eher privaten Situation.

Das Gesetz gebraucht dafür den Begriff Haustürgeschäft. Die anwaltliche Praxis zeigt, dass bei Kapitalanlagen Haustürsituationen häufig sind. Die so verkauften Wohnungen, Fondsanteile, Gesellschaftsbeteiligungen oder sonstige Risikogeschäfte bescheren den Anlegern bisweilen große Verluste, was wiederum die Gerichte beschäftigt. Sogar Kreditverträge über große Beträge werden ohne Bankberatung abgeschlossen. Aber nicht nur bei Kapitalanlagen kommen Verträge in Haustürsituationen zustande. Aber was genau ist eine "Haustürsituation" im rechtlichen Sinne?

Wird der Geschäftswille in einer Wohnung, am Arbeitsplatz, in einem öffentlichen Verkehrsmittel, auf öffentlichen Plätzen und Wegen oder im Rahmen einer Freizeitgestaltung geweckt, spricht das Gesetz von einer Haustürsituation. Dies gilt für jede Wohnung, also auch für die Wohnungen von Freunden oder Beratern. In einer Wohnung hat man keine Vergleichsmöglichkeiten, wie im normalen Geschäftsleben. Nicht nur der Vertrieb von Kapitalanlagen erfolgt häufig mit "Türöffnern", also Personen, denen der Kunde Vertrauen entgegenbringt.

Eine Haustürsituation liegt auch dann vor, wenn die erste Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz erfolgt. Auch die Ansprache potentieller Kunden in der Fußgängerzone oder in der Straßenbahn erfolgt in einer Haustürsituation. Schließlich schaffen "Freizeitveranstaltungen" eine Haustürsituation, die einen geschäftlichen Anlass verschleiern: Kaffeefahrten, Tupper-Partys, Einladungen verbunden mit Beratung über Altersvorsorge- oder Steuersparmöglichkeiten, die sich oft als Verkaufsveranstaltungen für Immobilien, Fonds oder sonstige Geldanlagen entpuppen.

Verträge, die in einer Haustürsituation geschlossen wurden, kann man widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt eine Woche, wenn der Kunde ordnungsgemäß belehrt worden ist. Die Widerrufsbelehrung unterliegt einer strengen Form und ist deswegen manchmal unwirksam. Fehlt, wie häufig, die Belehrung, konnte der Vertrag früher auch noch nach zehn Jahren widerrufen werden. Für neue Verträge, die nach dem 1. Januar abgeschlossen wurden, beträgt diese Frist jetzt nur noch 6 Monate.

RNZ 05.03.02