VW Abgasskandal – Dieselmotor EA 189 – Verjährung?
Im sog. VW-Abgas- oder auch Dieselskandal bemühen sich tausende Autofahrer um Schadenssatz für Ihre Fahrzeuge. Betroffen sind nicht nur Fahrzeuge der VW AG, sondern alle Firmen aus dem Konzernverbund, die Motoren mit der Bezeichnung EA189 verwendeten. Diese Motoren verbauten neben Volkswagen auch Skoda, SEAT, Audi und teilweise sogar Porsche.
Der Volkswagenkonzern wendet in den Gerichtsverfahren immer häufiger die Einrede der Verjährung ein. Die Ansprüche der betrogenen Autofahrer verjähren nach überwiegender Meinung zum 31. Dezember 2019. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Ansprüche schon mit Ablauf des 31.12.2018 verjährt sind, da VW mit seinen Presseveröffentlichungen im September 2015 den Verbraucher informierte. Viele Gerichte stellen jedoch darauf ab, dass erst die verbindliche Anordnung des Rückrufes durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) für den Verbraucher verbindlich sei und den Verbraucher davon in Kenntnis setzte, dass jeweils sein konkretes Fahrzeug von den Abgasmanipulationen betroffen ist. Hinzu kommt, dass Volkswagen immer bestritt, dass diese Abschaltautomatik rechtswidrig sei. Wie soll sich der Kunde da auskennen.
In der Regel ist also davon auszugehen, dass Verjährung nicht vor Ablauf des 31.12. 2019 eintritt. Dieser Rechtsauffassung tritt mit guten Argumenten das Landgericht Trier, mit Urteil vom 19.09.2019, Az. 5 O 417/18 entgegen und erweitert die Rechte der Verbraucher.
Das Landgericht ist der Auffassung, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren in diesen Fällen noch gar nicht zu laufen begonnen habe, da noch gar keine vollständige positive Kenntnis des Verbrauchers von denen den Anspruch begründenden Umständen vorliege. Das Gesetz meint hier grundsätzlich den Lebenssachverhalt, eigentlich nicht die Kenntnis der richtigen Rechtsanwendung dieses Lebenssachverhaltes. Von diesem Grundsatz wird bei schwieriger, komplizierter Rechtslage jedoch (zu Gunsten des Geschädigten) abgewichen. Auf dieser Ausnahme stellt das Landgericht Trier ab. Es führt aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist seiner Ansicht nach noch gar nicht zu laufen begonnen habe, weil in den Abgasskandalfällen immer noch eine sog. ungeklärte Rechtslage vorliege. Denn es fehle an einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Der Verbraucher könne in diesen Fällen nicht sein, als die Juristen. Daher sei die Ausnahme geboten. Oder anders gewendet beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst dann, wenn eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage für den Normalbürger möglich ist.
Diese Rechtsauffassung gewährt meines Erachtens den Verbrauchern Aufschub, setzt sie sich durch. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass in einem Hinweisbeschluss des BGH aus dem Frühjahr 2019 die Abschaltautomatik als verbotene Automatik, als einen Mangel eingestuft hatte. Der VW-Konzern hat dies bisher in allen seinen Verfahren bestritten, tut dies teilweise heute noch. Damit ist in einem entscheidenden Punkt Rechtssicherheit geschaffen. Davon auszugehen, dass die unklare Rechtslage über das Jahr 2019 fortbesteht, wird kaum mehr begründbar sein.
Da Rechtsanwälte jedoch immer den sichersten Weg raten müssen, sollte jeder, der seine Ansprüche geltend machen will, noch in diesem Jahr verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen. Denn die Rechtsauffassung, dass mit Anordnung des verbindlichen Rückrufes der Verbraucher vom Mangel Kenntnis hatte, ist zurzeit die vorherrschende Meinung bei den Gerichten.
Etwas anderes gilt hier meines Erachtens nur für Manipulationen an den 3,0 l Dieselmotor des VW-Konzerns. Für diese sind angeordnete Rückrufaktionen erst ab 2018 bekannt.
Selbst der von den Herstellern auf den Homepages eingeführte Selbsttest, brachte im Jahr 2016 kein Ergebnis. Das Fahrzeug wurde als nicht vom Dieselskandal betroffen angezeigt. Das bedeutet, dass ein Käufer dieser Motorentypen sich nunmehr einer angeordneten Rückrufaktion wegen Verboten Abschaltautomatik gegenübersieht, aber im Jahr 2016 darüber gar nicht informiert war. Für diese Motoren beginnt die Verjährung üblicherweise erst dann zu laufen, wenn man von der Rückrufaktion Kenntnis hat.
Setzt sich die Auffassung des Landgerichts Trier durch, würden Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Manipulation von Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns (EA189) erst Ablauf des 31.12. 2022 verjähren. Für jeden sicherer ist es jedoch, schon in diesem Jahr Maßnahmen zu ergreifen.
Jörg Ebenrecht
Rechtsanwalt
Poststraße 44
69115 Heidelberg
Tel: 06221 / 321 74 67 (Durchwahl Sekretariat Ebenrecht) E-Mail:
Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann.
Homepage: Kanzlei Ebenrecht
|